Sonntag, 31. Januar 2010

Out Of Everything

Mein erstes Wochenende in Bangalore verbringe ich nicht in Bangalore, dafür aber inmitten einer acht Autostunden entfernten Kaffeeplantage. Auf der weitestgehend unbefestigten und damit gleichweg holprigen Fahrt in die Nacht schalten wir hin und wieder alle Lichtquellen stumm, um dem einsamen Gefühl von Nichts so nahe wie selten zuvor zu kommen. In Coorg, zumindest kann man den abgelegenen Ort auf diese Weise bestmöglich beschreiben, werden wir von dem wohl klarsten Sternenhimmel begrüßt, den ich je gesehen habe. Kein Lichtsmog, wie man ihn von der Stadt gewohnt ist, kein Handyempfang und wohl auch kaum eine Menschenseele.


Der Grund für das Erscheinen ist der Erwerb von neuem Land der Mutter meiner beiden Mitbewohner, die hiermit offiziell verbrüdert sein sollen. Wir leben gemeinsam mit den Plantagenarbeitern in einer Hütte; die Ressourcen für alltäglich anfallende Bedürfnisse werden hier aus Regenwasser und freilaufendem "Pork" aufgebracht. Leider erfahre ich von diesen offensichtlichen Umständen erst, als ich bereits zu sämtlichem "It tastes nice" sagen kann.

Da die meisten der hier sesshaften - ebenso wie ich und ebenso wie der Zufall es will, meine beiden Mitbewohner - katholisch sind, wird aus Ermangelung an Nähe zu einer Kirche am heiligen Sonntage das Handy als Abspielgerät für heilige Verse und Chorgesang genutzt. Somit sei genug der Religion für den Tag. Wir laufen durch Kaffee-, Pfeffer- und Ingwerplantagen, die so omnipräsent sind, dass wir sämtliche Extremitäten einsetzen müssen, um uns einen Weg zu bahnen. Dabei begegnen wir auch einigem Getier, welches mir so fremd wie giftig erscheint. Insbesondere der tausendfüßrig buschige Tausendfüßler sei an dieser Stelle erwähnt.


Während wir das neue Land erkunden, genießen die Plantagenarbeiter den heiligen Tag mit einer gehörigen Portion Sonne auf dem Haupt und einer ordentlichen Ration Alkohol im Blut. Einer gibt dem anderen 100 Rupien mit auf den Weg ins nächste Dorf, um sich von dort Alkohol mitbringen zu lassen. Der eine ist aber cleverer und trinkt sein erworbenes Gut im Wert von immerhin 200 Rupien bereits auf dem Rückweg. Daraufhin beginnt ein großes Zinober, von dem ich leider nur wenig verstehe. Mir wird übersetzt, dass der Betrunkene mit einem erfundenen Dritten in seine Hand telefoniert, während der Nüchternere nebendran steht und an dieser Konversation ebenfalls teilzunehmen scheint.

Vor unserer Abreise schenkt mir einer der desorientierten noch eine Rose zum Abschied. Ich nutze die Chance, um mich durch eine Portraitaufnahme dankbar zu zeigen und verabschiede mich auf diese Weise von dieser wunderschön fotogenen Landschaft.

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