Montag, 1. Februar 2010

To Cheat

Zurück in der Überbevolkerung angekommen, möchte ich mich einem Thema widmen, welchem man sich in den Städten kaum entziehen kann, sofern man nicht auf ewig an ein und derselben Stelle verweilen möchte. Die offensichtlichste und allgegenwärtigste, quasi ständig verfügbare Option stellen die abertausenden Rikschas dar, eine auf wenig Technik und Komfort basierende Taxilösung; Taxi im Sinne von Anpfeifen und Einsteigen mit Vorgeben eines individuellen Zielpunktes. Dieser darf gerne individuellst möglich sein, die Chancen, dass man ihn tatsächlich erreicht, diesen Zielpunkt, sind generell beschränkt. Der Rikschafahrer wird wohl immer sagen, dass er ganz genau nachvollziehen kann, wo man abgesetzt werden möchte, doch prinzipiell kann der gutgläubige Kunde zu diesem Zeitpunkt noch keine Äpfel und Birnen auseinanderhalten. Es ist also sinnvoll, selbst zu wissen, wo sich das Ziel in etwa befindet, um zumindest bei Fahrten in den Norden eine Fahrt in den Süden von vornherein auszuschließen.


Das Beschreiben von Orten wie "mein Zuhause", "meine Arbeit" oder "der und der Laden für das und das" gestaltet sich dabei nicht mittels Straßennamen, sondern mithilfe von sogenannten Landmarks. Landmarks können zum Beispiel Tankstellen oder Ampeln sein, davon gibt es nämlich nicht besonders viele, wodurch die wenigen aussagekräftiger wirken. Ich sage zum Beispiel meist Banaswadi Signal, dies steht für die Ampel in meinem Bezirk. Ich wohne übrigens in der 4th A Main Road, wobei sich diese quasi nicht als solche zu erkennen gibt (Anmerkung des Erzählers: es gibt schlichtweg keine Straßenschilder). Ich weiß aber mittlerweile, dass ich beim Fitnessstudio links, danach die dritte rechts, an der "Apotheke" wieder links und schließlich an der 2CC Kreuzung vorbei in die 2B Kreuzung links abbiegen muss, bevor ich schlussendlich die erste Rechts nehme. Easy going.

Problem Nummer 2 stellt in der verschworenen Rikschawelt das System der Abrechnung dar. Im Sinne des Erfinders ist ein Taxometer, kurz Meter, welches im Fahren das Verfahrene misst. Selbstsicher auftretend schafft man es unter Umständen, diesen einschalten zu lassen, sonst geht es meist nur über horrende Fixbeträge, die vor Fahrtantritt beschlossen werden. Ich war einmal Stolz, einen vermeintlich guten solchen Fixbetrag ausgehandelt zu haben. Von 200 vorgeschlagenen Rupien, habe ich ihn letztendlich immerhin auf 130 Rupien herunterhandeln können, "you must be kidding" und schlichtes Antäuschen von Weglaufen waren hierfür recht gute Möglichkeiten, (vermeintliche) Selbstsicherheit zu demonstrieren. Ich erzähle dem Rikschafahrer auf dem Weg, dass ich nicht etwa ein Tourist bin, sondern schon jahrelang in Bangalore lebe, er solle also genau überlegen, welchen Weg er fährt. Das ist mein Teil der Verarsche. Da ich als Ziel für meine Fahrt aber "Stadtzentrum" angegeben habe und ich auf demselben Rückweg mithilfe eines Meters feststelle, dass der echte Preis für diese Strecke nicht einmal 30 Rupien gewesen wären, dürfte der Rikschafahrer aber der lauter Lachendere gewesen sein.

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