Sonntag, 10. Januar 2010

Day 1

Wir fahren mit dem Taxi zur Familie meines Freundes, auf dem Weg dorthin verdichten sich meine ersten Dschungelimpressionen. Das Wetter ist heiß und feucht, am liebsten würde ich mir meine Winterkleidung aus der eisigen Heimat vom Leib reißen, aber noch ist mir das mit der Nacktheit in Indien nicht ganz geheuer.

Religion ist bereits im Taxi präsent, der Fahrer hat sowohl Kreuz als auch Jesus-Statue zu bieten. Wir passieren mehrere (christliche) Kirchen, einige sind orange, andere blau. Ich bin im Bundesstaat Kerala, ein für Indien eher ungewöhnlicher. Hier halten sich quantitativ die drei Weltreligionen, Hinduismus, Islam und Christentum, die Waage. Außerdem, wird mir erzählt, dass die Alphabetisierungsrate, also der prozentuale Anteil der Gesellschaft, der des Lesens und Schreibens mächtig ist, bei nahezu 100% liegt. Ich fühle mich nicht nur aufgrund der relativ geografisch betrachteten Lage an Baden-Württemberg erinnert. Die Medaille hat aber analog ihre Kehrseite: Für die niederen Jobs fühlt sich keiner verantwortlich.

Indien ist allgemein sehr stark föderalistisch aufgebaut. Beim Grenzübergang in einen anderen Bundesstaat kann man schon ganz gerne mal durchwühlt werden; man könne ja schmuggeln und sich durch niedrige Steuerraten anderswo bereichern. Jeder Bundesstaat hat meist seinen völlig eigenen Charakter, seine eigene(n) Sprache(n) und daher betrachte ich die Erfahrungen, die ich in Kerala machen werde, keinesfalls als repräsentativ. Bettler und Kühe habe ich noch keine gesehen.


Die Familie begrüßt mich sehr nett, ich fühle mich auf Anhieb wohl. Ich probiere gleich mal namasté aus. Aufgrund der überraschten Reaktion, schließe ich, dass das in Kerala eher nicht üblich ist. Ich werde herumgeführt, im Garten darf ich zahlreiche Früchte kosten, von deren Existenz ich bis dato noch nicht wusste (ja, ich habe auch allerlei Probleme Name, Form und Farbe zu verknüpfen und im Langzeitgedächtnis zu speichern) und am Brunnen wird mir anschließend dessen Wasser angeboten. Ich rätsle, was mit mir dabei wohl schiefgehen könnte. Schlagartig entsinne ich mich an alle don'ts, von denen ich aus Deutschland allzu viele mitbekommen habe. Don't do this, don't do that and never ever ever ever do that. Was solls, die Früchte wären auch don'ts gewesen. Ich frage aus Höflichkeit noch einmal zärtlich "But is it safe?" - "Of course, it is!" Das Wasser schmeckt wirklich toll.

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