Samstag, 30. Januar 2010

Solar Eclipse

Alle Kollegen reden am Morgen des 15. Januar fast ausschließlich über die noch am selben Mittag eintreten werdende Sonnenfinsternis. Die Gespräche drehen sich auf der Erde also quasi um die Sonne. Da ich bisher durch gänzliche Enthaltsamkeit jeglicher Form von Medien geprägt bin, ist meine kurz und eher knappe Vorfreude dafür umso intensiver. Ich habe zwar in der Heimat schonmal eine solche Sonnenfinsternis miterlebt; meine Erinnerungen beschränken sich in dieser Hinsicht aber hauptsächlich auf Bilder von Menschenmassen, die ihren Kopf im Winkel von 45° zum Himmel erheben und dabei seltsam anmaßende Pappbrillen tragen.

Der Mittag rückt näher, die Spannung steigt, so auch der Hunger. Ich wundere mich, warum ich auf der sonst so überfüllten Sonnenterrasse fast ganz alleine speise, dort wäre die Aussicht auf das Kommende doch mit am besten. Die Sonnenfinsternis tritt ein, vergeht. Ich hatte den Ehrenplatz und fühle mich wie der Grund der Veranstaltung.

Erst nach der Rückkehr zu meinem Schreibtisch wird mir erzählt, dass das der morgentlichen Aufregung zugrunde liegende Gefühl eher Angst als Vorfreude war. Eine Sonnenfinsternis, die ist göttergewollt und verheißt im Allgemeinen nichts Gutes. Als ich gegen 17h wie gewohnt das Büro zum Antreten des Heimweges verlasse, begegnet mir auf selbigem eine Kollegin, deren Bekanntschaft ich bereits gemacht habe. Besagte Kollegin steht nur noch knappe drei Monate vor ihrer Auslieferung (Anmerkung des Erzählers: Auslieferung im Sinne der wörtlichen Übersetzung von delivery). "Oh you are already leaving", sagt sie zu mir, "And you are just coming?" frage ich verwundert. "Yes. You know, pregnant women are meant to stay inside during a solar eclipse. The gods may otherwise punish them with a disabled child."

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