Donnerstag, 18. Februar 2010

Superdan

Wir bekommen hohen Besuch aus den Staaten, ein entfernter Vorgesetzter, der wohl nur mir ein Unbekannter ist. Lange vor seiner eigentlichen Ankunft wurden schon alle Kalender geblockt mit den drei mysteriösen Buchstaben D A N, die das operative Business quasi auf Eis legen sollen. Er will schon auch unterhalten werden, der große weiße Mann, wenn er sich auf den weiten Weg macht. Parallel dazu wurde ein Teammitglied damit beauftragt, Merchandiseartikel mit der Veronomatopoesierung des Namens unserer Hoheit, wie sie einem bekannten Hindi-Song entstammt, anfertigen zu lassen: "dan-dana-dan", zu vergleichen in etwa mit unserem "la-la-la-la-la". Selbstverständlich schmücken wir alle unsere Kleider mit Broschen dieser kindlich anmaßenden Floskel und tragen ihm besagtes Lied im Kanon vor.


Beim Mittagessen sitzt er recht zentral am Tisch und ich nur zufällig neben ihm. Er erzählt und erzählt, wie er sich wagemütig in Indien von einem Abenteuer ins nächste stürzt. Ja, er ist sogar schon Rikscha gefahren und toll, er hat hier auch schonmal einen Tee getrunken. Die Augen sind auf ihn gerichtet, er genießt die Aufmerksamkeit und die Anerkennung seines Mutes. Über sämtliche Lippen rollt beständig ein "wow" oder zumindest ein dezentes "great". Da er aufgrund der Tatsache, dass ich neben ihm sitze, weder meine Augen noch meine Lippen sehen kann, erspare ich mir diesen Affenzirkus. Das erschreckende ist für mich dabei, mich gerade zu gut mit ihm identifizieren zu können und meine ersten Tage nochmal im Schnelldurchlauf an mir vorbei rasen zu sehen. Das was ich, respektive er, da von uns geben, dürfte wohl so das Natürlichste Tun im Alltag jedes Inders seit Lebzeiten sein.

In einer Präsentation, bei der die Anwesenheit aller abverlangt wird, erzählt unser Häuptling den indischen Arbeitnehmern am Beispiel Deutschland, wie man Dinge optimieren und auf Effizienz trimmen kann. Er bezüge sich ausgerechnet gerade auf Deutschland, da er zuvor dort auf kulturellem Besuch war. Die Aussage ist banal, die Geschichte fatal; es geht um den Umstand, dass in Deutschland Schweinefleisch mit zu den Gemüsen gezählt wird. Die Zuhörer finden dies durchaus interessant, ich frage mich, wo er diese seltsame Fehlinformation aufgeschnappt haben könnte.

Im Zuge meines zeitlichen Freiraumes bei der Arbeit habe ich hin und wieder versucht, auf anonymen Wegen meinen einen Kollegen zu kontaktieren, der seit kurzem regelmäßig dem Fitnessstudio einen Besuch abstattet. Ich nutzte dabei Schwachstellen in firmeninternen Systemen und versendete SMS und E-Mails im Namen von Pamela Anderson. Ich weiß, dass ich mir das erlauben kann, da er ganz genau weiß, dass ich der Scherzkeks bin. Beim routinemäßigen Verlassen meines Arbeitsplatzes für eine Tasse Tee scheine ich wohl zu vergessen, meinen Computer mit Aufforderung zur Eingabe eines Passwortes zu schützen. Als ich zurückkomme, sehe ich den Sent-Ordner meines E-Mail Programms, aufgeschlagen ist eine Mail an meinen Manager:
"Sorry Boss, but I will quit my job here immediately. I have already booked a flight back to Germany, it will leave tomorrow. I just can't stand it anymore without my pork-vegetable."

2 Kommentare:

  1. Frisch getwittert: http://twitter.com/matthias_k/status/9286925667

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  2. Und Kannibalen essen dann nur noch Salat?!?
    Da schlägt mein Veganerherz jedenfalls im Galopp.^^

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