Montag, 22. Februar 2010

Home-Cooking

Ich habe zum ersten Mal vor lauter rein indischer Küche Entzugserscheinungen von Pasta, da mein Körper sonst eine Nudelnettoaufnahme von ca. einem halben Kilo pro Woche gewöhnt ist. Ich beschließe kurzerhand, meinen Mitbewohnern ein Stück meiner Kultur näher zu bringen wollen, indem ich mein niederes Bedürfnis als Wohltätigkeit tarne. Im Supermarkt um die Ecke, von deren Existenz ich mittlerweile schon mehrfach profitiert habe, finde ich Barilla-Penne. Wow, damit hätte ich nicht gerechnet. Ich frage mich, wo diese Barilla-Nudeln eigentlich produziert werden, die Texte auf der Packung sich doch primär deutsch. Außerdem schießt mir bei Barilla immer Steffi Graf in den Sinn, wie sie in einem TV-Werbespot der früher 1990er ihren unwohlgeformten Zinken in einen Topf kochender Nudeln streckt und danach das Nudelwasser mit ihrem Tennisschläger abgießt. Steffi Graf ist wohl eindeutig deutscher Abstammung, allerdings wage ich das bei ihrem Ehemann Andre Agassi zu bezweifeln. Mit diesem schien sie zumindest in der Vergangenheit nicht nur Händchen zu halten und Tennis zu spielen, nein, sie sollen wohl auch privat zusammen Barilla-Nudeln gekocht haben (wie ein späterer Werbespot bewies). Wenn mich nicht alles täuscht (und das passiert häufig), war Herr Agassi doch genau derjenige Italiener, der unsere Steffi zur Nudel verführt hat. Im Spiel um die Wurzeln von Barilla steht es demzufolge 15:15.

Ich beschließe, meiner Neugier ein Ende zu setzen und meinen unbemerkt ausschweifenden Monolog im Supermarkt mit einem Schlusssatz zu beenden. Ich fülle meinen Warenkorb auf dem Weg zur Kasse mit einer Flasche "Maggi Tomato Sauce", die direkt neben "Maggi Tomato Ketchup" steht, und greife zudem noch nach einer Zwiebel. Zuhause angekommen habe ich das gute Recht, die für umgerechnet ca. 5€ erstandene Pasta-Box aus dem Hause Barilla ein wenig genauer zu inspizieren. Wie gewohnt erscheint sämtliches Geschriebenes in Deutsch, wobei mir vor allem die Wörter Pasta, Penne und al Dente erschreckend international vorkommen. Auf dem Weg zu "Made in ..."-Erläuterungen finde ich einen Sticker, der wohl auf die Rechnung der Inder geht.

Legally imported.
- NO BEEF CONTENT -

Immerhin weiß ich nun, dass ich bei (fiktiven) Schmuggelaktionen meine Chancen potenzieren dürfte, sofern ich mit solch einem Aufkleber für Klarheit sorgen kann. Die Identitätskrise der Pasta wird daraufhin übrigens folgendermaßen aufgeklärt: Barilla wird in Italien produziert, scheinbar aber wirklich primär für den deutschen Markt. Meine Penne sind demnach in Italien geboren, in Deutschland aufgewachsen und werden in Indien ihre Bestimmung finden.

Wir haben in unserer Wohn- und Lebensgemeinschaft nur eine Herdplatte, weshalb es mir verwehrt wird, Nudeln und Soße parallel zuzubereiten (Andeutung des Erzählers: so wurde es mir zumindest im Zuge von Prozessoptimierung beigebracht). Da ich durch einen plötzlichen Telefonanruf die Nudeln völlig vergesse und somit überkoche, bleibt nur wenig Zeit zum Zubereiten der Soße und schon gar keine zum Improvisieren und Experimentieren. Ich frage also schnell den Mitbewohner nach Öl, dieser rennt daraufhin ins Bad und bringt von dort eine Flasche Kokosnussöl, welches hier generell zum Fetten der Kopfhaut verwendet wird. Ich entschließe mich, die Zwiebeln lieber im trockenen Topf zu braten, woraufhin sie gänzlich schwarz werden. Zuguterletzt kommt noch die "Maggi Tomato Sauce", von der ich mir nach all dem, was bisher zwischen mir und der Mahlzeit passiert ist, noch am meisten verspreche.

Ich vermische die weichen Nudeln mit den schwarzen Zwiebeln und der aussichtsreichen Soße und stelle beim ersten Bissen fest, dass diese einer Aufschrift "Maggi Tomato Ketchup" ebenfalls gerecht werden würde. Ich hasse Nudeln mit Ketchup.

1 Kommentar:

  1. Oh my, you really need to extend your cooking utensils and ingredients. By the way I had Rigatoni al arrabiata. I asked the waitress to make them hot, but she must have forgotten or I am used to the Indian level of hot piquancy ;-)

    AntwortenLöschen